Schuldenbereinigung über England: Die Alternative zur Privatinsolvenz in Deutschland

Von heute auf morgen kann jeder in einer Schuldenfalle festsitzen. Wen dieses Schicksal ereilt, der trägt eine schwere Last auf seinen Schultern. Nicht in jedem Fall ist diese Situation selbst verschuldet. Doch die Folgen der finanziellen Notlage ziehen sich in aller Regel wie ein roter Faden über Jahre hinweg durch das Leben der Betroffenen, und zwar immer dann, wenn in Deutschland eine Privatinsolvenz angemeldet werden muss. Das EU-Recht gibt Bürgern die Chance, ihre Schulden über England zu bereinigen. Dies hat viele Vorteile, aber auch Nachteile.

Privatinsolvenz in England: Das steckt dahinter

Droht die Privatinsolvenz mit hohen Schuldensummen, steht den Betroffenen eine schwere Zeit bevor. In Deutschland hieße dies, ein Insolvenzverfahren für 6 Jahre zu durchlaufen und anschließend noch mit einem Schufa-Eintrag für weitere 3 Jahre zu leben. Selbst nach Ablauf dieser Frist ist nicht garantiert, dass der Schuldner tatsächlich eine vollständige Restschuldbefreiung erhält. Abgesehen von dem Leben am Existenzminimum ergeben sich während der neun Jahre aufgrund des Eintrags in der Auskunftei weitere Hürden für den Schuldner. Vom Handyvertrag bis zur Miete einer Wohnung wird alles komplizierter. Experten schätzen, dass etwa ein Zehntel aller Betroffenen den Weg über England wählen und so ihre Schulden legal loswerden. Möglich macht dies ein Gesetz der Europäischen Union, welches besagt, dass Privatinsolvenzen immer dort abgewickelt werden können, wo sich auch der Lebensmittelpunkt des Betroffenen befindet (EuInsVO Nr. 1346/2000 Art.3). Dafür muss man jedoch bereits ein halbes Jahr in England leben. Da dort solche Verfahren in nur 12 Monaten abgeschlossen werden und die ausgesprochene Restschuldbefreiung auch in Deutschland Wirksamkeit besitzt, wählen manche Schuldner den legalen Weg des „Schuldentourismus“. Doch auch dieser hat seinen Preis.

Vor- und Nachteile der legitimen Privatinsolvenz in England

Zweifelsohne ist es die Überlegung wert, in nur 18 Monaten aus der Schuldenfalle zu entkommen und ein neues Leben als voll geschäftsfähige Person zu starten. Doch nicht jeder ist bereit, den Preis dafür zu zahlen. Von den finanziellen Kosten einmal ganz abgesehen, müssen Schuldner nicht nur rein rechtlich ihren Wohnsitz in Deutschland aufgeben und diesen nach England verlegen. Eine ladungsfähige Anschrift darf hierzulande nicht mehr existieren. Die Schuldner müssen gleichermaßen ihren Job aufgeben und eine neue berufliche Tätigkeit in England beginnen. Zwar darf diese durchaus sogar einer Selbstständigkeit entsprechen, doch die Trennung von der Familie und dem gewohnten Umfeld schreckt manchen Schuldner ab. Letztendlich bleibt abzuwägen, inwiefern das britische Insolvenzverfahren für die Betroffenen eine individuelle Lösung wäre. Grundsätzlich ist jedem Interessierten anzuraten, sich genau über alle Details dieses Schuldenabbaus genau zu informieren und alle Vor- und Nachteile abzuwägen.

Hinweis: Bislang ist nicht geklärt, wie sich der Austritt Großbritanniens aus der EU in Form des Brexits 2019 auf zukünftige Insolvenzverfahren von EU-Bürgern auswirken wird.

Fazit: Vielleicht ist das britische Insolvenzverfahren für EU-Bürger nicht für jeden Schuldner die perfekte Lösung, dennoch sollte sie als eine von vielen Lösungsansätzen Beachtung finden.

About Redaktion

Chefredakteur

Check Also

Stapel aus Euromünzen

Die eigenen Finanzen im neuen Jahr aufbessern

Die Inflation hatte im vergangenen Jahr einen enormen Einfluss auf die Lebensumstände der Menschen. Dienstleistungen …